Quantcast
Channel: Natürlich Jagd » Wolf
Viewing all articles
Browse latest Browse all 17

Grünen Ministern wird der Wolf zu gefährlich

$
0
0

Die Theorie von der natürlichen Menschenscheu gerät auf breiter Front ins Wanken

Ausgerechnet in den von Grünen geführten Umweltministerien von Niedersachsen und Schleswig-Holstein kehrt Realitätsbewusstsein ein, wenn es um Chancen und Risiken der Wiedereinbürgerung von Wölfen geht. Die Minister sprechen neuerdings offen an, was lange geleugnet wurde: Die Theorie, dass die Raubtiere den Menschen und seine Siedlungen meiden, scheint zweifelhaft.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck beginnt offenbar, die bisherige Linie beim Wolfsmanagement der Landesregierung zu überdenken. Sowohl, was das Tempo der Ausbreitung der Tiere betrifft, die offenbar viel schneller vor sich geht, als von vielen Experten erwartet: „Die Wirklichkeit hat uns eines Besseren belehrt.“ Als auch, was den Umgang mit Wölfen betrifft, die nur wenig Scheu vor Menschen zeigen: Nachdem sich die Wölfe „teilweise anders verhalten als bisher angenommen“, will der Minister auch den Abschuss als „letzten Ausweg“ nicht gänzlich ausschließen.

Ganz ähnlich tönt es aus Niedersachsen: Ein Wolf, der sich im Gebiet von Wildeshausen im Kreis Oldenburg in Siedlungsgebiete wagte, gilt im Umweltministerium nun als „Problemwolf“. Er soll mit Gummischrot beschossen und schlimmstenfalls auch getötet werden. Minister Stefan Wenzel, ein Grüner wie Robert Habeck, liefert auch ein seltenes Beispiel für offenen Umgang mit dem heiklen Thema: Sein Haus listet penibel und umfassend alle Haus- und Nutztier-Risse seit November 2008 auf, insgesamt 60 nachgewiesene Fälle, Tendenz steigend. So viel Transparenz ist ungewöhnlich, nicht nur für rot-grün regierte Bundesländer. Obendrein ist diese durchaus brisante Statistik für jedermann abrufbar im Internet.

Was den Minister nachdenklich macht, ist womöglich auch der spektakuläre Schritt, mit dem ein Wolfsberater im Kreis Nienburg öffentlich die Brocken hingeworfen hat (wir berichteten). Christian Lohmeyer beklagt sich nicht nur darüber, dass es für das zeitaufwändige Ehrenamt nicht mal Benzingeld gibt. Weit mehr noch stört ihn der oft blauäugige Umgang mit den Raubtieren: „Muss das Kind erst in den Brunnen fallen, ehe jemand handelt? Wir warten im Grunde doch alle auf den ersten nachweisbaren aggressiven Angriff eines Wolfes auf einen Menschen“, sagte der Landwirt der Nienburger Kreiszeitung.

Jedenfalls mehren sich die Stimmen, die die Verharmlosung der Problematik kritisieren. Frank Faß, Chef im Wolfcenter von Dörverden südlich von Bremen und namhafter Befürworter der Wiederansiedlung: „In Deutschland ist es ohne eine Regulierung der Wolfsbestände nicht realistisch, eine dauerhafte Akzeptanz der Tiere bei allen Bevölkerungsgruppen zu schaffen. Es muss erlaubt sein, auch die Bejagung zu diskutieren.“

Luigi Boitani, renommierter Biologe, Vorsitzender der europäischen Initiative zur Wiedereinbürgerung der großen Raubtiere und Berater der EU-Kommission, gesteht im Spiegel-Interview: „Ich bin Artenschützer, aber ich gehöre nicht zu den Wolfsliebhabern, für die jedes einzelne Tier heilig ist und unter allen Umständen geschützt werden muss. Mit dieser Haltung tut man auch den Wölfen keinen Gefallen.“ Die Koexistenz von Mensch und Wolf sei „ein Kompromiss“ und der funktioniere nur, „wenn Menschen jene Schäden, die Wölfe verursachen, bis zu einem gewissen Maß tolerieren“.

Wie Nationalpark-Ranger in den USA vertritt auch Boitani die hierzulande nicht gern gehörte These, dass die Akzeptanz für die Raubtiere schwindet, wenn der Mensch sie nur gewähren lässt: „Wolfsfreunde müssen akzeptieren, dass Wölfe unter bestimmten Umständen auch getötet werden können.“ Was also dagegen spricht, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen – wie bisher in Deutschland nur in Sachsen geschehen –, ist da eine besonders spannende Frage. Schleswig-Holsteins Umweltminister begründet die Ablehnung solcher Vorschläge bisher (?) mit der Sorge, dass dies „eher zu mehr Aufwand“ führe.

Tatsächlich herrscht beim Thema Jagdrecht auch bei manchen Wortführern der Debatte heillose Verwirrung: Viele der dort aufgeführten Tiere dürfen unter Strafandrohung nicht geschossen werden – so wäre es ganz sicher auch mit den Wölfen. Aber der Schritt könnte ihnen Leid ersparen: Die Frage, ob ein angefahrener und schwer verletzter Wolf erschossen werden darf, wäre zum Beispiel leichter zu beantworten. Noch-Wolfsberater Lohmeyer zählt sie ebenso zu den ungelösten Problemen wie die Finanzierung der teuren Schutzzäune, die Nutztierhalter bauen sollen, um Wolfsrisse zu verhindern: Statt Wolfs-Patenschaften solle der Nabu lieber „Zaun-Patenschaften“ vermitteln, „um den Nutztierhaltern zu helfen“, sagt er mit einem Seitenhieb auf die dem Wolf besonders verbundene Naturschutz-Organisation.

Die niedersächsische Umweltstaatssekretärin Almut Kottwitz hat angekündigt, dass sie einen schwedischen Experten einfliegen lassen will, um zunächst das Verhalten der Wölfe auf den Truppenübungsplätzen um Munster näher zu erforschen. Diese Tiere gelten als besonders verhaltensauffällig – so sehr, dass Minister benachbarter Bundesländer intern schon forderten, das Füttern der Wölfe dort müsse ein Ende haben.

Womöglich wird der Schwede der Politikerin auch erklären, dass die Probleme in seinem Königreich zu einem guten Teil im Sinn des Wortes hausgemacht sind: Viele der dort amtsbekannten „Übeltäter“ sind Mischlinge aus Wolf und Hund – und einige laut Gerüchteküche auch aus ihrer Jugend im Zoo an Menschen gewöhnt. So wie bei uns längst spekuliert wird, ob es wirklich die dort übenden Soldaten sind, die den Wölfen auf dem Truppenübungsplatz die Fütterung aus Menschenhand beigebracht haben.

Zur Erinnerung: Als den Bayern der zunächst willkommene Braunbär „Bruno“ über den Kopf zu wachsen drohte, holte der Umweltminister Jäger aus Finnland, die dann müde von der Kraxelei in den Bergen und unverrichteter Dinge den Heimweg antraten. Wie Norwegen geht auch Finnland eher locker mit dem strengen Schutz der Wölfe um, den die Europäische Union verordnet hat. Und auch das EU-Wolfsland Schweden hat geklärt, dass sich Menschen mit der Waffe wehren dürfen, um sich und ihre Tiere zu schützen. Das gilt auch für Jagdhunde, die sich der Wolf besonders gern zur Beute macht.

Sei’s drum: Vieles deutet darauf hin, dass die Niedersachsen die Probleme in den Griff bekommen. Wie in Kiel ist es in Hannover noch lange hin bis zu den nächsten Landtagswahlen, und die Abwägung, ob es sich die Regierenden auf die Dauer lieber mit den bedingungslosen Wolf-Fanatikern oder aber mit dem Landvolk verderben, ist naheliegend. Dass die Stimmung kippen könnte, ist auch beim mächtigen NDR zu spüren. Letzthin fragte der Sender schon mal durchaus provokant: „Wann wird der Wolf zum Abschuss freigegeben?“

Wir von „Natürlich Jagd“ sehen die Sache schon immer eher gelassen. Wie das Geschäft der Jagdreiseveranstalter zeigt, ist das Interesse an der Jagd auf Wölfe verschwindend gering. Nur die Mahnung, die Dinge mit Weitsicht zu regeln, muss erlaubt sein: Sollten sich die „Problemwölfe“ mehren, ist es zu spät für langwierige Politiker-Debatten, etwa um die Frage, ob der Wolf ins Jagdrecht soll.

In einem Spezial informiert Natürlich Jagd tagesaktuell über Neuigkeiten und Hintergründe zum Wolf in Deutschland.

Fotos: Dieter Hopf


Viewing all articles
Browse latest Browse all 17

Latest Images

Trending Articles





Latest Images