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Schweden streitet wieder um den Wolf

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Schwedische Verwaltungsgerichte haben – wie berichtet – die Lizenzjagd auf Wölfe verboten, die am 2. Januar beginnen sollte. Tierschützer jubeln, auch in Deutschland. Aber vermutlich zu früh: Bisher endete das juristische Tauziehen regelmäßig mit einer Niederlage für die Wölfe. Für ihren Totalschutz gibt es schon seit Jahren keine demokratische Mehrheit in Schweden. Ein guter Grund, genauer hinzusehen – auch für die Wolf-Fans hierzulande.

Sicher ist: Aus anfänglicher Begeisterung für die Wiederansiedlung der Raubtiere ist in Schweden ein Streit geworden, der die Gesellschaft spaltet wie keine andere Frage. Der Reichstag im rot-grün regierten Königreich hat vor fünf Jahren mit großer Mehrheit beschlossen, die Wolfspopulation auf mindestens 270 Tiere zu beschränken. Die Provinzverwaltungen wurden ermächtigt, eine Lizenzjagd zu genehmigen, wenn die Bestände dies zulassen.

Seither wiederholt sich jeden Winter eine juristische Balgerei zwischen Naturschutzverbänden und der staatlichen Naturschutzbehörde, die sich auf die nationale Rechtslage beruft – und darauf, dass sich die Wolfspopulation mit Zuwachsraten von jährlich 15 Prozent prächtig entwickelt. Seit dem Winter 1999/2000 wuchs die Zahl der bestätigten Rudel von 13 auf 68, die Zahl der Tiere auf mindestens 415, vermutlich wesentlich mehr.

Auf dieser Grundlage wurde auch für diesen Winter die Jagd auf bis zu 45 Wölfe in den mittelschwedischen Wolfsgebieten zugelassen. Die Kläger, die diese Beschlüsse in erster Instanz erfolgreich angefochten haben, berufen sich auf den strengen Artenschutz nach europäischem Recht. Gleich nach Neujahr entscheidet das oberste Verwaltungsgericht, das sowohl die staatlichen Naturschutzbehörden als auch der schwedische Jagdverband angerufen haben.

In den vergangenen Jahren hat die letzte Instanz regelmäßig für Abschüsse entschieden, weil das vom Gesetzgeber festgelegte Erhaltungsziel nicht gefährdet sei und anders die berechtigten Interessen der unmittelbar betroffenen Landbevölkerung nicht gewahrt blieben. Außerdem geht es um Wählerstimmen: Neben den Konservativen sprechen sich auch die rechten Schwedendemokraten, die in der Flüchtlingskrise starken Zulauf haben, klar für die Lizenzjagd aus. Das rot-grüne Regierungslager ist zumindest uneins.

Spannend: Im Oktober meldete sich der ehemalige Regierungschef Göran Persson zu Wort. Der Sozialdemokrat warnte im Bauernblatt „Land“ vor „einer Situation, in der der Wolf, der nicht von Ausrottung bedroht ist, Schrecken in ganze Dörfer bringt“. Ein solches Verhalten sei „ohne Beispiel in der Geschichte“, schimpft Persson, der selber 80 Milchkühe hält. Er zählt den Umgang mit dem Wolf zu den wesentlichen Beispielen für den Irrglauben, dass es „lebendige Dörfer ohne aktive Landwirtschaft geben kann“.

Jagdbefürworter wie Persson verweisen darauf, dass auch andere EU-Mitglieder wie Finnland die Wolfsjagd deutlich ausweiten und außerhalb der Union weit restriktiver vorgegangen wird – etwa in Norwegen und nun auch in der Schweiz. Und auch die enormen Kosten bestimmen die (Wahlkampf-)Debatte: So haben mehrere Versuche, den reichsbekannten „Junsele-Wolf“ per Hubschrauber aus einem besonders empfindlichen Rentiergebiet abzusiedeln, rund eine Million Euro gekostet – und am Ende kostete seine Vorliebe für Rentierkeulen das „genetisch wichtige“ Tier doch noch das Leben.

Schon beginnen schwedische Zeitungen nachzurechnen, dass es noch weit teurer werden dürfte: Schutzzäune für alle Schafweiden im Lande könnten demnach gut 100 Millionen Euro kosten. Den durch Wölfe entgangenen Jagdertrag schätzt der schwedische Jägerverband auf jährlich 60 Millionen Euro – und fragt, was der Staat für die 846 Tierarten auf der „Roten Liste“ tut, die mindestens ebenso bedroht sind.

In einem Spezial informiert Natürlich Jagd tagesaktuell über Neuigkeiten und Hintergründe zum Wolf.

Foto: Dieter Hopf


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